Entspannter Sonntag in Solingen?

Geschrieben am 21.04.2016 von Ulrich Geilmann

SFK verliert in der Klingenstadt

Da bin ich wieder! Entspannt im Hier und Jetzt. Es ging zwar gegen unsere Schachfreunde aus Solingen, aber nachdem wir ja eigentlich keine Aufstiegsambitionen mehr haben konnten, war bei mir irgendwie die Spannung raus. Da die Mannschaftsaufstellung im Prinzip auch schon lange klar war, kam darüber hinaus auch im Vorfeld kein Druck auf.

Die Begegnungen gegen die SG Solingen sind schachhistorisch betrachtet immer etwas Besonderes gewesen. Sportlich stets umkämpft, aber immer von freundschaftlichem Charakter geprägt. Und da der eine oder andere Protagonist auch freundschaftlich verbunden ist, stand auch diesmal einem interessanten Schachsonntag nichts entgegen. Ich konnte den Klassiker also völlig losgelöst von etwaigen Zwängen genießen. Mit dem Mannschaftskampf hatte unser zugewiesener Schiedsrichter Dr. Uwe Müller insofern keine Mühe.

Das Katernberger Team bestand diesmal aus GM Alexander Kovchan, GM Nazar Firman, GM Ilja Zaragatski, GM Sebastian Siebrecht, IM Arthur Pijpers, IM Miquoel Admiraal, IM Christian Scholz und WGM Sarah Hoolt. Alexander ist übrigens seit einigen Tagen stolzer Vater einer Tochter und durchlebt daher im Augenblick hoch emotionale Zeiten. Der Gute strahlte daher die ganze Zeit und man sah ihm an, wie glücklich er war! Von hier aus nochmals herzliche Glückwünsche!

Die Anreise der Mannschaft verlief diesmal ebenfalls absolut unproblematisch. Unsere holländische und ukrainische Achse kam jeweils bereits am Vortage an und war bei Dr. Reinhard Kennemann und unserem Präsidenten Bernd Rosen untergebracht. Hierfür vielen Dank! Die unmittelbare Anfahrt nach Solingen stellte ja auch kein großes logistisches Problem dar. Diesmal leisteten Bernd, Sebastian und Sarah entsprechende Dienstleistungen.

Ja und um 10.45 Uhr stand dann die Aufstellung fest.

SG Solingen II - SF Katernberg
Wegerle - Kovchan
Schäfer - Firman
Dr. Schlecht - Zaragatski
Michalczak - Siebrecht
Krieg - Pijpers
Berg - Admiraal
Gupta - Dr. Scholz
Lemancyk - Hoolt

Entsprechend dem Elo-Verhältnis ergaben sich an einzelnen Brettern damit Teil deutliche Vorteile für Katernberg. Aber man weiß ja, wie das so ist mit statistischen Wahrscheinlichkeiten. Wichtig ist auf’m Brett und da ergab sich in der Eröffnungsphase zunächst noch eine weitgehend ausgeglichene Begegnung im Solinger Schachzentrum.

Highlight des Vormittags war insoweit ein leckeres Frikadellenbrötchen und ein ebenso schmackhaftes Lauchcremesüppchen, die in der örtlichen Küche frisch unter Verwendung einschlägiger Fertigtüten hergestellt und gegen kleines Geld gereicht wurden. Die Qualität der Speisen hatte dabei in jedem Falle guten Bundesligastandard. Ich war jedenfalls begeistert, denn ich hatte nur wenig gefrühstückt. Insofern rettete der Koch erstmal meinen Tag!

Außerdem sind mir wieder einmal die Segnungen der heutigen elektronischen Datenverarbeitung bewusst geworden. Was musste ich noch vor Jahren alles mitschleppen, um für Sie, liebe Leserinnen und Leser, die Berichterstattung zu gewährleisten. Heute reicht ein kleines Tablett aus, um den Bericht zu schreiben, Fotos oder Videos zu machen und zudem das Ganze auch noch online zu stellen. Nächstens mache ich das vermutlich mit meiner Google-Smart-Brille oder Armbanduhr!

Apropos Uhr. Nach einiger Zeit entwickelten sich bei den ersten Partien deutlichere Konturen. Während die Stellungen von Alexander, Ilja und Miguoel noch irgendwie im Nirwana des Ausgleichs dümpelten, hatte Sarah bereits mit Mehrbauer ins Endspiel übergeleitet, Christian einen schönen Raumvorteil, Arthur eine taktisch interessante Position und Sebastian das Läuferpaar. Ein wenig Sorge hatte ich allerdings bei Nazar, der gerade dabei war, sich ein wenig einzuklemmen.

Nach einem kurzen Spaziergang im Sonnenschein zur Umgebungserkundung (schließlich will man ja auch die abendliche Lebensmittelversorgung sichern), hatte sich zumindest die Lage bei Nazar verbessert. Ilja hatte inzwischen sein Turmpaar gegen die gegnerische Dame eingetauscht. Darüber hinaus halbierte Sebastian gerade sein Läuferpaar; aber immerhin verblieb er mit einem Freibauern. Insgesamt gesehen war jedoch allenthalben noch viel zu viel Material auf den Brettern und insofern konnte überall noch eine Menge passieren.

Ein wenig Verdruss machte mir allerdings die Partie von Arthur. Der Gute hatte zwar auf Kosten diverser Bauern die Qualität mehr, doch die verbleibende Stellung war gelinde gesagt sehr dynamisch. Außerdem hatte er bereits deutliche Zeitprobleme. Das sah erstmal nicht wirklich überzeugend aus. Jedenfalls hätte ich keinen Euro auf seine Stellung gesetzt.

Um 14.00 Uhr erntete aber zunächst unsere Sarah den wohlverdienten Punkt. Katenberg ging in Führung (1:0).

Bei aller Entspannung. Die Minuten vor der ersten Zeitkontrolle machen mich doch immer kribbelig. So auch heute. Während sich Arthur mit Mühe über den 40. Zug rettete, ging’s bei Alexander, Ilja und Christian wirklich zur Sache. In diesen Partien liefen wir allerdings mittlerweile dem Ereignishorizont hinterher.

Kurz vor dem Blättchen einigte man sich allerdings an Brett 7 (Christian) auf Remis (1,5:0,5).

Nun gut. Nach der ersten Zeitenwende ist es immer üblich, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Für mich sah es wie folgt aus:

• Alexander – Minusbauer im Damenendspiel. Leichter struktureller Ausgleich durch einen Doppelbauern. Nicht mehr als Remis.
• Nazar – vorteilhafte Stellung, aber von einem Sieg noch deutlich entfernt.
• Ilja – zwei Bauern zu wenig, aber vielleicht noch gewisse Dynamik. Ende noch offen.
• Sebastian – ausgeglichene Stellung mit Optionen durch einen entfernten Freibauern.
• Arthur – Verluststellung.
• Miguoel – total ausgeglichene Position.

Summa summarum: Ein noch offener Kampf! Alle Ergebnisse möglich. Allemal interessant.

Kurz danach erfüllte sich leider bei Arthur das Orakel. Ausgleich (1,5:1,5). Daran anschließend das erwartete Remis für Miguoel (2:2). Damit waren wir mit den Brettern 4 – 8 durch und es hatte den Anschein, als ob der Teamchef zumindest klare Gewinn- und Verluststellungen erkennen konnte! Immerhin etwas.

Das nächste Ergebnis wollte indessen auf sich warten lassen. Unsere Cracks kosteten die geschenkte Bedenkzeit dabei allerdings zum Teil extrem aus, so dass ich schon wieder mit etwas Bedenken auf die nächste Zeitkontrolle sah. Danach würde es nur noch die Zeitgutschrift von 30 Sekunden geben, was dann manchmal Havarien verursacht und mithin insbesondere die Nerven des Teamchefs massiert. Und dabei wollte ich doch möglichst einen entspannten Nachmittag haben!

Nazar spielte mal wieder eine äußerst trickreiche Partie. Mir wäre es jedenfalls nicht eingefallen, dem Gegner eine Fesselung der eigenen Dame an den König anzubieten, die dann allerdings aufgrund einer Grundreihenschwäche nicht effektiv ausgenutzt werden konnte und schließlich zu zwei Mehrbauern führte. Unglaublich! Problematisch war allerdings, dass er bei der Entwirrung der Varianten unheimlich viel Zeit verbrauchte und sich mithin ständig am Abgrund bewegte. Hier machte sich eine fehlende Spielpraxis bemerkbar. Nazar hatte ja die letzten Wochen vor allem damit verbracht, die Weltmeisterschaft der Damen in seiner Heimatstadt Lemberg / Lviv zu organisieren.

Während dessen schien sich beim Spitzenbrett wohl doch ein Remis einzupendeln. Und so kam es dann auch (2,5:2,5). Bislang hatte sich also der Blick in die Glaskugel nach der Zeitkontrolle materialisiert.

Sebastian hatte seinen Freibauern inzwischen weit ins gegnerische Lager geführt und sein Gegner hatte sichtbare Mühe, alle wichtigen Felder zu kontrollieren. Das sah jetzt ganz gut aus, wenngleich der Weg zum Partiegewinn nicht ganz so konkret war. Gleichwohl ging ich davon aus, dass der Solinger Spieler schon gehörig mithelfen müsste, um sich in die ewigen Jagdgründe zu sprengen. Die Zündschnur war jedoch unzweifelhaft gelegt.

Ilja mühte sich derweil immer noch mit der Stellung ab. Zwischenzeitlich hatte sein Gegner jedoch seine zwei Freibauern stark in Szene gesetzt. Alles andere als angenehm.

Kurz vor 17.00 Uhr dann Dauerschach bei Nazar (3:3). Schon schade. Er hatte eigentlich die ganze Partie über ziemlich fett gestanden. Nun gut. Es ist so, wie es ist. Markus Schäfer, der Präsident des Schachbundesliga e. V., ist allerdings auch alles andere als Fallobst.

Parallel dazu musste sich allerdings Ilja geschlagen geben (3:4). Ärgerlich genug, aber angesichts des gesamten Partieverlauf kein völlig unerwartetes Ergebnis.

Blieb noch Sebastian. Hier war das eingetreten, was ich schon befürchtet hatte. Beide Spieler lebten mehr oder weniger nur noch von der Zeitgutschrift, was eine treffende Ergebnisprognose zusätzlich erschwerte. Sebastian blieb äußerlich allerdings cool, zumal er tatsächlich das Handeln bestimmte. But it’s a long way to Tipperary. It’s a long way to go!

Irgendwann gingen ihm dann aber doch die Pferde durch und die Partie endete im Remis. Damit hatte Solingen vermutlich den Klassenerhalt geschafft (herzlichen Glückwunsch) und wir den schlechten Lauf fortgesetzt (3,5:4,5).

Hier noch einmal das Abschlusstabelau!

SG Solingen - SF Katernberg 4½ : 3½
Wegerle - Kovchan ½:½
Schäfer - Firman ½:½
Dr. Schlecht - Zaragatski 1:0
Michalczak - Siebrecht ½:½
Krieg - Pijpers 1:0
Berg - Admiraal ½:½
Gupta - Dr. Scholz ½:½
Lemancyk - Hoolt 0:1

Letzter Gegner: Bochum. Allerdings ohne den Teamchef. Der darf/muss dann nämlich in seiner Funktion als Vizepräsident des Schachbundesliga e. V. den nächsten Deutschen Mannschaftsmeister ehren.

Die Partien

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