"Sehr gut gespielt!"

Geschrieben am 18.09.2023 von Lukas Schimnatkowski

Nicht alle Tage kommt es vor, dass man nach einem verlorenen Mannschaftskampf so überschwänglich gelobt wird, wie es am vergangenen Sonntag bei unserer neunten Mannschaft der Fall war. Nachdem der Breitensportliga-Kampf erst nach 2 Stunden entschieden war (schon recht lange, wenn man nur jeweils 90 Minuten auf der Uhr hat), waren die Gastgeber aus Borbeck (WDB5) voller Ehrfurcht für das bereits gezeigte Können unserer Jüngsten. Besonders in Erinnerung blieb mir in etwa folgende Äußerung: "Wie alt ist der? 8 Jahre? ... Wirklich sehr gut gespielt!" Die Rede ist von unserem Neuzugang Samuil, der in seiner ersten Turnierpartie den gegnerischen Spieler bereits ordentlich ins Schwitzen brachte.

Doch der Chronologie halber muss ich mit den anderen drei Partien beginnen, die allerdings nicht minder sehenswert waren. Am dritten Brett konnte Nila von Anfang an eine gewaltige Initiative entfalten, die ihr alsbald erstes Material einbrachte. Erstaunlicherweise konnte sie in einer Abwicklung wählen, ob sie den schwarzen Turm auf a8 oder den auf h8 erobern wollte; was für ein Luxusproblem! Mit einer Qualität und einigen Bauern mehr brachte sie den Sieg sicher nach Hause und ich musste in der Analyse beinahe etwas enttäuscht feststellen, dass es an dieser Partie nichts zu kritisieren gab, 1-0.

Die drei anderen Partien dauerten hingegen deutlich länger. Erst nach deutlich über einer Stunde musste sich Jonas geschlagen geben. Diese Partie stellt wahrscheinlich die bitterste Niederlage an diesem Tag dar. Nachdem er sich lange Zeit hervorragend gegen seine erfahrene Gegnerin geschlagen hatte, konnte er an einem kritischen Moment zwischen drei Schlagzügen entscheiden. Während einer der Schlagzüge bei korrektem Spiel einen Turm und ein weiterer einen Springer gewonnen hätte, entschied Jonas sich für Kandidat Nummer 3, der ebenfalls einen Turm gewann, der Gegnerin allerdings mit einem Damenrückzug eine vernichtende Abzugsdrohung gegen den König ermöglichte, die Jonas nicht mehr parieren konnte, 1-1. Diesen versteckten stillen Zug hatte Jonas nicht gesehen (er hatte die anderen Schlagmöglichkeiten sorgfältig überlegt, nur dieser Zug lag unter dem Radar), was wahrlich keine Schande ist, wenn man mit 10 Jahren erst seine vierte oder fünfte Turnierpartie spielt.

Am zweiten Brett musste Sascha Meyer in seiner ersten Turnierpartie die Erfahrung machen, dass die Rochade meist einen unverzichtbaren Zug darstellt, weswegen ich sie ja auch immer fleißig als "den stärksten Zug im Schach" bewerbe. Sascha spielte nach normal verlaufener Eröffnung mit einem Bauernsturm am Königsflügel zu erfinderisch und vergaß dabei seinen eigenen König, der sich noch in der Brettmitte befand. Das Versäumnis, diesen mittels langer Rochade in Sicherheit zu bringen rächte sich später, 1-2.

Nun zu den anfangs erwähnten Geschehnissen an Brett 1. Samuil bekam es mit Caro-Kann zu tun und eroberte in der Eröffnung gleich mal das Zentrum. Mit dem Bauervorstoß b2-b4 verhinderte er langfristig auch noch das gegnerische Anhebeln des Zentrums mittels c6-c5. Ein bemerkenswerter Zug. Als später ein gegnerischer Springer auf c4 auftauchte, verhinderte er die auf b2 drohende Gabel mit Tab1. Leider vergaß er einige Züge später, warum der Turm dort hingegangen war und zog ihn weg, was die Gabel auf b2 erlaubte. Qualität weniger! Wer denkt, dass die Partie damit zu Ende erzählt ist, irrt sich gewaltig: Das Geschehen bis Zug 18 ist erzählt, die Partie ging allerdings ganze 54 Züge und dauerte wie bereits erwähnt über zwei Stunden. Samuil zeigte große Widerstandsfähigkeit und schaffte es lange Zeit, die Stellung geschlossen zu halten, um die gegnerischen Türme zu beschränken. Erst als er etwa in Zug 35 einen wichtigen Bauern verlor, ging es mit seiner Stellung bergab. Am Ende hieß es demnach 1-3. Der gegnerische Spieler war sichtlich erleichtert, als die Partie vorbei war und wir kamen im Gespräch beide darin überein, dass wir in diesem Alter auch gern schon so gut gespielt hätten.

Nach dem beendeten Kampf kam der parallel zu uns im Mannschaftskampf spielende Michael Beyer (ich glaube, es handelte sich um die Bezirksklasse) zu mir und stellte erstaunt fest, dass der Breitensport erst jetzt beendet war. "Ihr spielt ja länger als wir!" Ich denke, damit ist alles über die Qualität unseres Mannschaftskampfes gesagt.

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