Evergreen oder Evergrays?

Geschrieben am 01.11.2021 von Bernd Rosen

Oberliga: SFK 1 bezwingt Wattenscheid mit 4,5:3,5

Katernberg gegen Wattenscheid - für mich (und die anderen "alten" Katernberger) ein Duell, das Erinnerungen weckt: In der Saison 83/84 kämpften wir um den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Den entscheidenden Stichkampf gewannen wir mit 4,5:3,5, nachdem Werner Nautsch ein Turmendspiel gegen Dieter Buchenthal gewann. Wenig später gelang Wattenscheid die Revanche, als es um den Aufstieg in die Bundesliga ging. Wir folgten erst 2003. Und nun, viele Jahre später, sitzen wir uns in der Oberliga gegenüber. Ein Evergreen also, bei dem vor allem auf Wattenscheider Seite sehr viel Grau im Spiel ist. Beim freundschaftlichen Austausch nach dem Kampf blickten die Wattenscheider, das mit Abstand ältetste Team der Liga, mit Neid auf unsere vielen jungen Spieler. Und mit Timo und Lukas waren zwei von ihnen auch maßgeblich am knappen 4,5:3,5 Sieg beteiligt.

Meine Partie gegen Timo Straeter war sehr stark von beiderseitigem Respekt geprägt: In vielleicht etwas bequemerer Stellung akzeptierte ich seine Einladung zur Zugwiederholung nach gut 20 Zügen. "Im Alter fehlt einfach die Kraft, um gutes Schach zu spielen!" brachte es Timo nach der Partie auf den Punkt. Immerhin sah ich zu diesem Zeitpunkt klare Vorteile bei unseren Youngstern Timo, Lukas und Martin und hoffte auf ein gutes Ende...

Zunächst aber gerieten wir in Rückstand. Ausgerechnet Armin, der im Pokal ein so erfolgreiches Comeback gefeiert hatte, verlor gegen Ralph Sandkamp den Faden: Anstatt in einer extrem dynamischen Stellung weiter auf Angriff zu spielen, holte er sich einen zeitweilig geopferten Bauern zurück und geriet danach in einen fürchterlichen Angriff, bei dem sein König ins Freie getrieben wurde.

Kurz darauf der Ausgleich: Marcus hatte sich in einer verrammelten Stellung, bei der Weiß mit Dame und Läufer am Damenflügel einzudringen drohte, mit einem Bauernopfer Gegenspiel am Königsflügel verschafft und gewann nach einem kapitalen Fehler seines Gegerns einen ganzen Turm:

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Den nächsten Rückschlag musste Thomas Wessendorf hinnehmen: Gegen Walter Wengenroth verlor er zunächst einen Bauern, schien aber mit dem Läuferpaar einige Kompensation zu haben. Das Ende kam durch einen taktischen Einschlag auf e3, der ihn zur sofortigen Aufgabe zwang.

Martin Grünter spielte seine erste Partie nach der Corona-Pause. Ohnehin schon ein "langsamer Brüter", wirkte sich die fehlende Spielpraxis zusätzlich auf seinen Zeitverbrauch aus. So konnte er seinen vermutlich vorhandenen Vorteil nicht konservieren, sondern landete in einem ausgeglichenen Turmendspiel.

Kurz darauf stellte Lukas den Ausgleich her: Gegen Thomas Thiels Skandinavisch zeigte er sich bestens präpariert und erspielte sich eine überlegene Stellung, bei der ein schwarzer Springer gar auf a8 landete. Bei der lange vorbereiteten Öffnung der Stellung konnte er den positionellen Vorteil auch materiell verwerten, nachdem er eine Qualität erobert hatte gab Schwarz sofort auf.

Besonders gefreut hat mich nach der langen Pause das Wiedersehen mit Renate Oversohl, die früher ein wichtiger organisatorischer Eckpfeiler unserer Jugendarbeit war und nun als "Edelkibitz" gern bei den Spielen der Ersten vorbei schaut, auch wenn dabei nicht ausschließlich das Geschehen auf den Brettern ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht:

Renate Oversohl

Beim Stand von 3:3 versetzte Bosko unseren Hoffnungen erst einmal einen argen Dämpfer: Nach einer zähen Partie in einem Alapin-Sizilianer war er in einem Turm+Springer-Endspiel gelandet, bei dem Kai-Uwe Schiffer zwar einen gefährlichen Freibauern am Damenflügel besaß, Bosko aber den weißen König in Bedrängnis gebracht hatte. Mit wenigen Sekunden auf der Uhr stellte er die Partie dann aber erst einmal ein:

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Sollte wie schon so oft in den Kämpfen gegen Wattenscheid der Spielverlauf auf den Kopf gestellt werden? Zum Glück revanchierte Kai-Uwe sich wenige Züge später mit einem ähnlich kapitalen Fehler, und die Partie endete trotzdem im Remishafen:

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Blieb also noch die Partie von Timo Küppers gegen Johannes Franke. Timo hatte in der Eröffnung die Chance genutzt, einen schwarzen Bauern h7 einzukassieren, während sein eigener auf h2 immer tabu blieb. Wie er später auch noch die Qualität eroberte, habe ich nicht mitbekommen. Eine gefühlte Ewigkeit lang fand Johannes Franke immer neue Gegenspielmöglichkeiten, die Timo jedoch im Keim ersticken konnte. Nach dem Damentausch wurde die schwarze Stellung endgültig komplett hoffnungslos - mit einem Springer gegen Turm und zwei Bauern ließ auch Johannes die letzte Hoffnung fahren und gab auf. Wie immer gegen Wattenscheid ein extrem spannender Kampf in freundschaftlicher Atmosphäre, diesmal mit dem besseren Ende für uns!

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