Obelix und Asterix in Beverungen vorn

Geschrieben am 20.05.2004 von Bernd Rosen

Willy Rosen NRW-Seniorenmeister 2004

Das hat NRW nun von der Nachbarschaft landschaftlich so reizvoller Bundesländer wie Niedersachsen, Hessen, Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern! Alle nordrhein-westfälischen Schach-Senioren treibt es hinaus, um, ausgestattet mit Reiselust und gefüllter Reisekasse, in der Fremde mit alten Freunden ihrer Leidenschaft zu frönen.

Alle Senioren?? - NEIN! Ein von 32 unbeugsamen NRW-lern besetztes "Dorf" an der Weser hört nicht auf, dem Trend Widerstand zu leisten. Bereits zum zweiten Mal trafen sich in Beverungen (wo sich die Bever in die Weser ergießt) unter der Leitung von "Gutemiene" Bärbel die daheim Gebliebenen, unter ihnen "Obelix" Willy (Ich sah den Liebhaber von wilden Schach-Raufereien Wildschwein essen), "Asterix" Ernst (Ein listiger und mutiger kleiner Krieger, voll sprühender Phantasie, dem kein Opfer zuviel ist), "Majestix" Karlheinz (Ein löwenmähniger, vielwissender und respektierter Krieger, argwöhnisch gegenüber unzulänglich unvorbereiteten Attacken. Er fürchtet zwar nicht, dass ihm der Himmel auf den Kopf fällt, wohl aber ein "Loch" in der Lösung der von ihm selbst geschaffenen Probleme) und "Troubadix" Rolf ("Der Barde! Die Meinungen über sein Talent sind geteilt: Er selbst findet sich genial, alle anderen finden ihn unbeschreiblich ...... belesen. Doch wenn er schweigt, ist er ein fröhlicher Geselle und hochbeliebt").

Neun Tage lang mischte "Miraculix" Willi auf geheimnisvolle Weise in einem leise summenden rechteckigen Topf nach bewährtem Monheimer Rezept den Zaubertrank für die täglich wechselnden Duelle zwischen etwa gleichstarken Kriegern. Der Trank war heiß begehrt, täglich umstanden die Recken nach Ende der Kämpfe die Werkstatt des Druiden, um möglichst schnell in den Genuss des Mix-Resultates zu kommen. Nur einmal, am vorletzten Kampftag, schlug der Trank einem Kämpen aus Assindia auf den Magen, weil ihm der erprobte "Troubadix" als Partner zugewiesen worden war. Er hatte sich so sehr einen leichteren Kampf gewünscht und ermattete dann auch schnell.

Als Kampfstätte hatte "Gutemiene" den lichten "Bever-Saal" in der neuen Stadthalle auserkoren (was alle Beteiligten über den grünen weserbergländischen Klee lobten!). Selbst die nebenan fließende Weser war sehr angetan; während der Spiele rückte sie unter Benutzung der sie umgebenden Wiesen näher an die Stadthalle heran.

Soviel zu Bedingungen, Vorbedingungen und Teilnehmern! Das exotische Turnier (größtes Bundesland, kleinstes Teilnehmerfeld) verlief bei idealen Spielbedingungen (siehe oben!) spannend wie selten. Selbst als nur noch die allerletzte Partie des Turniers (Bachmann - Rodemann) lief, sah man die Protagonisten an der Tafel eifrig Buchholzpunkte addieren - schließlich ging es nicht nur um den Titel und die Preise, sondern auch um die Qualifikation für eine der NRW-Auswahlmannschaften bei der deutschen Senioren-Mannschaftsmeisterschaft im August in Dresden.

Willy Rosen (SF Katernberg), die Nr. 1 der Startliste, musste schon in der 2. Runde gegen Ernst Kotzem (SV Hattingen), die Nr. 8, einen halben Punkt abtreten. Zu diesem Zeitpunkt ahnte vermutlich nicht einmal der draufgängerische Hattinger selbst, welch ein Riesenturnier er spielen würde. Zur Schlüsselpartie um den Turniersieg geriet Rosens Sieg in der 4. Runde über Hanjo Neese (Krefelder SK Turm). Die einzige Niederlage des Krefelders war nach Aussage des Turniersiegers auch seine beste Leistung. Dass zu einem Turniersieg auch Glück gehört, musste der Katernberger vor allem in der 8. Runde erfahren. Gegen Edmund Rodemann (SF Schwerte), der bei der Bekanntgabe der Auslosung noch lauthals über die Schwere der Aufgabe ("Das Leben ist ungerecht!") gestöhnt hatte, stand er in verwickelter Stellung "auf dem Schlauch" und akzeptierte das Remisangebot Rodemanns, der angesichts der sich anbahnenden Qualifikation für das NRW-Auswahlteam in Dresden (und wohl auch aus Respekt vor den taktischen Fähigkeiten Rosens) Risiken vermeiden wollte. Nach dem Schlussrundenremis gegen Heinz Rudnik (Weiße Dame Wedau-Bissingheim) war dann das Rennen für Rosen gelaufen.

Rodemann, als Nr. 10 ins Rennen gegangen (und nur zu Beginn ambitionslos wirkend) überraschte positiv: Nachdem er einmal "Blut geleckt" hatte, kämpfte er um jeden halben Zähler, verteidigte sich auch in der Schlussrunde (an seinem Geburtstag) clever gegen den auf Sieg spielenden Karlheinz Bachmann (SF Katernberg) und kam am Ende ungeschlagen als Sechster durch's Ziel. Er ist in Dresden ebenso dabei wie der bescheidene Heinz Rudnik, der dank besserer Buchholzwertung auf Platz fünf einkam.

Karlheinz Bachmann (unbesiegt) und Hanjo Neese belegten gleichauf die Plätze drei und vier. Beide kamen in den beiden letzten Runden über Remis nicht hinaus und versäumten den Sprung an die Spitze (wo Willy Rosen ebenfalls zweimal remisierte). Beide brauchten sich um ihre Aufstellung in Dresden nicht zu sorgen; Bachmann ist ohnehin verhindert, Neese ist (ebenso wie Rosen) vorberechtigt.

Die (wenngleich hartumkämpfte) Remisserie der Konkurrenz kam Ernst Kotzem zugute, dessen Siegeswille von niemandem übertroffen wurde. Er gewann die beiden letzten Spiele (was Willy Rosen zum Zählen der Buchholz-Punkte brachte). Dabei gelang ihm in der achten Runde ein Kabinettstück der besonderen Art. Gegen den Bayern Christian Krause (der deutsche "Regelpapst" und Schiedsrichter Nr. 1 war in Beverungen bereits zum 2. Mal dabei) war er in der Eröffnung völlig überspielt worden und schien mit dem König in der Brettmitte bleiben zu müssen. Er rochierte trotzdem und ließ einen angegriffenen Springer einfach "hängen". Krause, eigentlich ein guter und sicherer Positionsspieler, wagte aus Angst vor einem Überfall der Kotzem'schen Schwerfiguren das Schlagen nicht und verlor später. Dabei war alles nur Bluff! Ein Rückzug der Krause-Dame nach b5 - nach Einkassierung des Springers - hätte dem befürchteten Konter die Basis entzogen. Soll man da die Nase rümpfen? "Wichtig ist auf'm Brett!", wie Adi Preißler gesagt hätte, wenn er nicht Fußballer, sondern Schachspieler gewesen wäre. Ernst Kotzem wurde sensationell Zweiter und fährt ebenfalls mit nach Dresden.

Bei der Siegerehrung, an der auch Walter Herold, der Bürgermeister von Beverungen, teilnahm, äußerten die unermüdliche Bärbel Brand (ihr gebührt mein besonderer Dank für die mustergültige Ausrichtung des Turniers) und mehrere Teilnehmer den Wunsch, das Turnier auch im nächsten Jahr wieder in Beverungen auszurichten. Bürgermeister Herold wünschte sich sogar eine Installierung auf Dauer. Ich würde ebenfalls wieder gern nach Beverungen zurück kehren, zumal ich die Zusammenarbeit mit Bärbel Brand optimal nennen möchte. Allerdings habe ich auch die Pflicht, die Bewerbungen anderer Interessenten zu prüfen. Man lasse mir also ein wenig Zeit!

Willi Knebel

Rangliste nach der 9. Runde

Rang TNr Teilnehmer TWZ Verein/Ort G S R V Pu. BH
1. 1. Rosen,Willy 2290 SF Katernberg 1913 9 5 4 0 7.0 47.0
2. 8. Kotzem,Ernst 2135 SV Hattingen 9 6 2 1 7.0 44.5
3. 2. Bachmann,Karlheinz 2283 SF Katernberg 1913 9 4 5 0 6.5 48.5
4. 3. Neese,Hans-Joachim 2214 Krefelder SK Turm 185 9 5 3 1 6.5 47.0
5. 4. Rudnik, Heinz 2182 WD Wedau-Bissingheim 9 5 2 2 6.0 46.0
6. 10. Rodemann,Edmund 2049 SF Schwerte 51 9 3 6 0 6.0 41.5
7. 5. Krause,Christian 2170 SU Ebersberg 9 4 3 2 5.5 44.0
8. 11. Mentel,Jürgen 2047 Greifswalder SV 9 5 1 3 5.5 41.5
9. 23. Bücken,Rudolf 1658 Aachener SV 9 4 3 2 5.5 34.0
10. 6. Döhner,Hans-Jürgen 2170 Siegener SV 1878 9 5 0 4 5.0 43.0
11. 13. Kleinwächter,Matth 1991 SC Koblenz 9 4 2 3 5.0 42.5
12. 18. Rusanov,Vasily 1718 SC Turm Beverungen 9 4 2 3 5.0 35.5
13. 12. Görtz,Hans 2002 Wacker Bergeborbeck 9 3 3 3 4.5 41.0
14. 19. Homes,Helmut 1708 Kasseler SK 1876 9 4 1 4 4.5 40.0
15. 15. Sailer,Hans-Peter 1851 SV Bergneustadt/Dersc 9 3 3 3 4.5 40.0
16. 7. Dahlhaus,Friedhelm 2167 Wacker Bergeborbeck 9 3 3 3 4.5 39.0
17. 22. Olberg,Gerhard 1661 SF Dorsten 49 9 3 3 3 4.5 38.0
18. 20. Löschner,Manfred 1694 VfB Turm Altena 9 3 3 3 4.5 37.0
19. 29. Gelzinnus,Siegfrie 1565 Sfr Braunfels 9 3 3 3 4.5 33.5
20. 28. Fanenbruck,Günter   ohne 9 4 1 4 4.5 27.5
21. 16. Philipp,Günther 1763 WD Wedau-Bissingheim 9 1 6 2 4.0 38.5
22. 9. Schottenheim,Rolf 2124 Essener SV 1901 9 3 2 4 4.0 37.0
23. 14. Jung,Michael 1908 TSV Osnabrück 9 3 2 4 4.0 36.5
24. 21. Bornemann,Anton   ohne 9 3 2 4 4.0 34.5
25. 26. Böttcher,Horst 1622 Peiner SV 9 2 3 4 3.5 40.5
26. 17. Strozewski,Günther 1720 SV Erkenschwick 9 3 1 5 3.5 36.0
27. 25. Meffert,Hans-Joach 1646 Walsumer SC 72 9 3 1 5 3.5 34.0
28. 27. Puls,Harry 1425 Sfr. Buxtehude 9 2 3 4 3.5 32.0
29. 31. Weddeling,Franz 1445 Kettwiger SG 48 9 3 1 5 3.5 30.0
30. 30. Klerks,Siegbert 1461 Kettwiger SG 48 9 2 1 6 2.5 32.5
31. 32. Krings,Elisabeth 1372 Post Telekom SV Aache 9 1 1 7 1.5 30.5
32. 24. Van Houten,Henk   SV Haaksbergen 9 0 0 9 0.0 32.5

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