Schach im Park

Geschrieben am 07.10.2003 von Bernd Rosen

Vorbericht zum Bundesligastart im Essener Grugapark

22 Jahre lang mussten die Schachfans der Ruhrmetropole in die Nachbarschaft reisen, um Bundesligaschach life zu erleben: Bochum, Castrop-Rauxel, Duisburg und Wattenscheid waren in diesen Jahren die Adressen, bei denen der Schachzirkus Station machte, nachdem die Mannschaft der Sportfreunde Katernberg (SFK) gleich im Gründungsjahr der einteiligen Bundesliga den Abstieg hinnehmen musste. Inzwischen stellen die Spitzenspieler jener Jahre ihre noch immer außergewöhnlichen schachlichen Qualitäten im Seniorenschach unter Beweis, zuletzt bei der Europäischen Seniorenmannschaftsmeisterschaft im März, als das Vereinsteam selbst der Deutschen Nationalmannschaft ein Unentschieden abtrotzte und nur um Haaresbreite die Bronzemedaille verpasste.

Mancher mag es bedauern, aber in den heutigen Zeiten ist es natürlich nicht mehr möglich, mit einer Mannschaft die Bundesliga zu erreichen, die ausschließlich aus einheimischen Amateuren besteht. Auch SFK verdankt den erneuten Aufstieg in die nationale Spitzenliga dem Einsatz von namhaften ausländischen Spielern. Zunächst waren es die renommierten GM Igor Glek und Sergei Smagin, die mit konstant hervorragenden Resultaten die Spitzenbretter besetzten. Dabei lebt Igor Glek bereits seit so vielen Jahren mit seiner Familie in Essen, dass er kaum noch zu den "auswärtigen" Kräften zu zählen ist. Als Glücksgriff erwies sich vor zwei Jahren die Verpflichtung des ukrainischen Supertalents Andrei Volokitin (Foto), der bislang noch keine Partie im SFK-Dress verlor. Auf das Abschneiden des 17jährigen Großmeisters am Spitzenbrett des Aufsteigers darf man besonders gespannt sein. Ebenfalls seit zwei Jahren dabei ist der designierte Internationale Meister Erwin l'Ami (18). Der junge Niederländer kam in der letzten Saison auf drei Punkte aus drei Partien. Sensationell war sein Resultat bei der Deutschen Blitzmannschaftsmeisterschaft im Juni, als er mit 23 Punkten aus 25 Partien das beste Ergebnis am 2. Brett erzielte und damit seinem Team zum 2. Platz verhalf. Mit konstant guten Leistungen wusste auch IM Martin Senff in den zwei Jahren seines Engagements zu überzeugen, während Christian Scholz nach einem katastrophalen Einstand in der vergangenen Saison als Mannschaftsbester maßgeblichen Anteil am Aufstieg hatte.

Feste Größen bei SFK sind der im Ruhrgebiet aufgewachsene Grieche IM Georgios Souleidis, der nach einem studiumsbedingten Auslandsaufenthalt ins Team zurückkehrt, und vor allem der europaweit als Sonnyboy bekannte und geschätzte IM Sebastian Siebrecht, der bei der Essener Schachgesellschaft seine ersten schachlichen Gehversuche unternahm und somit ein echtes "Eigengewächs" darstellt (die Essener Schachgesellschaft 04 fusionierte Anfang der 90er Jahre mit SFK). Echtes Kampfschach und ein trockener hanseatischer Humor sind die Markenzeichen von FM Falko Meyer, während IM Matthias Thesing (seit einem Jahr dabei) die Erfahrung aus zahlreichen Jahren als Bundesligaspieler in die Mannschaft einbringt. Auf die Reservebank rückte nach einer starken Oberliga-Saison Armin Meyer, der ebenfalls in Essen das Schachspiel erlernte und heute in Bochum lebt.

Vladimir ChuchelovDas spielstarke Team des Aufsteigers wurde für die neue Saison noch um drei Spieler verstärkt: GM Vladimir Chuchelov (Foto) stammt wie Igor Glek aus Moskau und ist diesem seit der Jugendzeit freundschaftlich verbunden. Der gebürtige Russe lebt unweit der deutschen Grenze im belgischen Eupen und besitzt seit wenigen Tagen auch die belgische Staatsangehörigkeit. Mit einer aktuellen ELO-Zahl von 2608 führt er die SFK-Rangliste an und wird das 2. Brett besetzen. GM Alfonso Romero-Holmes steht für furchtloses Angriffsschach, daneben ist der spanische Großmeister auch als Schachjournalist bekannt. Ebenfalls aus Spanien stammt der (Noch) IM Janvier Moreno Carnero, der zuletzt durch seinen Sieg bei der Internationalen Hamburger Einzelmeisterschaft auf sich aufmerksam machte.

Präsentation des SFK-Teams im Einrichtungszentrum Möbel Kröger

Am Freitag, 31. Oktober, um 12 Uhr, stellt sich der Aufsteiger im Einrichtungszentrum der Firma Möbel Kröger (Hans-Böckler-Str. 80), einem der Sponsoren, der Öffentlichkeit vor. Im Pavillon des Haues wird der Internationale Meister Sebastian Siebrecht, selbst Mitglied des SFK-Teams, neben Anderen die Großmeister Andrei Volokitin, Vladimir Chuchelov und Igor Glek interviewen. Dem Publikum wird dabei die Gelegenheit geboten, Fragen zu stellen, den Meistern beim "blitzen" zuzusehen oder mit ihnen eine Partie zu spielen.

Traditionsreiche Duelle zum Auftakt der Saison

Gleich die Paarungen des ersten Wochenendes haben es in sich. Zunächst trifft SFK am Samstag auf die traditionsreiche SG Aljechin Solingen. In Essen erinnern sich noch viele Schachfreunde an packende Kämpfe in der viergeteilten Bundesliga in den 70er Jahren, als über 400 Zuschauer in den viel zu kleinen Räumen des Revierparks Nienhausen eine der ersten Profimannschaften Deutschlands bestaunten. Ein Höhepunkt in der Katernberger Vereinsgeschichte war dann der knappe 4,5:3,5 Erfolg über den frischgebackenen Europapokalmeister im Jahre 1978. Natürlich hoffen die Spieler und Fans des Aufsteigers, dass der Außenseiter auch im Auftaktspiel dieser Bundesligasaison an die damaligen Erfolge anknüpfen kann, obwohl die Gastmannschaft um den früheren WM-Kandidaten Artur Jussupow sicher schon deshalb in Bestbesetzung antreten dürfte, um in der zweiten Runde am Sonntag dem ewigen Rivalen SG Porz kräftig in die Suppe spucken zu können.

Auch das Sonntagsspiel gegen den direkten Nachbarn SV Wattenscheid weckt bei den Beteiligten zahlreiche Erinnerungen. 1985 verpassten zunächst die Wattenscheider den Aufstieg in die 2. Bundesliga, nachdem ein dramatischer Stichkampf gegen Katernberg mit 4,5:3,5 verloren ging (am Spitzenbrett gewann damals Werner Nautsch ein denkwürdiges Turmendspiel gegen Dieter Buchental). 1997 dann verlor SFK als Aufsteiger in die 2. Bundesliga West das Auftaktspiel in Wattenscheid mit dem gleichen Resultat, Wattenscheid legte damit den Grundstein für den Aufstieg in die Eliteliga. Und bereits im Jahre 1972 trafen Ulrich Wolff (Mannschaftsführer des SV Wattenscheid) und Bernd Rosen (Vorsitzender der SF Katernberg) bei der erstmals ausgetragenen U14-Meisterschaft von Nordrhein Westfalen aufeinander. Aus Katernberger Sicht wäre das damalige Ergebnis (die Partie endete Remis) auch heute ein sicher akzeptables Resultat, denn auch in dieser Begegnung nimmt man eher den Part des Außenseiters ein.

Reizvoll (und sportlich für die Liga vermutlich bedeutsamer) sind natürlich auch die Begegnungen in den parallel ausgetragenen Kämpfen, in denen der Mitfavorit SG Porz auf zwei Teams aus dem vorderen Bereich der Startrangliste trifft.

Der GRUGA-Park als ideale Spielstätte

GrugaturmDie inzwischen bereits schacherprobten Räumlichkeiten der Orangerie im Essener GRUGA-Park (Eingang Orangerie, Virchowstr. 167) bieten auch in der kommenden Saison einen idealen Rahmen für Spieler und Zuschauer. Eingebettet in eine wunderschöne Parklandschaft finden sich Attraktionen für die gesamte Familie, u.a. Tropenhaus, Alpengarten, Freiflugvoliere, Greifvögel, Abenteuerspielplätze und vieles mehr. So lässt sich der Besuch der Wettkämpfe mit einem Familienausflug verbinden, bei dem auch die Familienmitglieder auf ihre Kosten kommen, denen die 64 Felder des Schachbretts nicht die Welt bedeuten.

Apropos Kosten: Der Eintritt für den Besuch der Wettkämpfe beträgt 5,-- € pro Tag. Hierin ist der Besuch des GRUGA-Parks bereits enthalten. Weitere Hinweise zum Austragungsort stehen im Internet unter www.grugapark.de, dort findet sich auch ein Anreisehinweis.

Hier noch einmal das genaue Programm:

Samstag, 01.11.2003, 14:00 Uhr SF Katernberg - SG 1868 Aljechin Solingen
SG Porz - SV Wattenscheid
Sonntag, 02.11.2003, 9:00 Uhr SG 1868 Aljechin Solingen - SG Porz
SV Wattenscheid - SF Katernberg

 

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