Spannung bis zum Schluss (2/7)

Geschrieben am 02.02.2021 von Lukas Schimnatkowski

Online-Schach ist langweilig? Von wegen! In der zweiten Runde der Deutschen-Schach-Online-Liga traf SFK I auf den SK Bad Homburg. Diese traten wieder in Bestbesetzung an, nachdem sie in der ersten Runde ein bemerkenswertes Unentschieden gegen die mit großem Abstand favorisierten SF Deizisau zustandebrachten. Aber wir würden uns davon wohl kaum einschüchtern lassen.

Außerdem legte auch SFK II gegen die SG BiBaBo Leipzig einen selbstbewussten Auftritt hin.

SFK I

Um den Mannschaftskampf chronologisch wiederzugeben, muss ich mit meiner eigenen Partie beginnen. Ich hatte in der Vorbereitung festgestellt, dass mein Gegner seit Jahren ausschließlich 1.c4 spielt, sodass mich die Buchreihe von Marin zur Vorbereitung anlachte. Ich wählte mit Schwarz den ambitionierten Maroczy-Aufbau, der wegen des schwarzen Nachzugs nicht ungefährlich ist. Mein Gegner spielte nach 1.c4 c5 2.g3 Sf6 3.Lg2 d5 4.cxd5 Sxd5 5.Sc3 Sc7 6.Sf3 Sc6 7.0-0 e5 das ebenfalls von Marin empfohlene 8.a3!?. Hier gibt es eine Reihe von guten und schlechten Möglichkeiten für Schwarz, ich hatte mich aber im Vorhinein auf 8...Tb8 festgelegt. Nach 9.Tb1 f6 10.d3 Le7 11.Le3 konnte ich meinen Gegner allerdings mit dem nicht von Marin analysierten Zug 11...Le6!? überraschen, wie mir dieser nach der Partie über den Chat mitteilte. Kein Wunder, nachdem sich herausstellte, dass wir einen ähnlichen Buchgeschmack haben. Nach einigen weiteren Zügen entstand folgende Stellung:

Hier konnte ich meinen Gegner mit 18...Tc8! vor große Probleme stellen. So unscheinbar dieser Zug auch aussieht, es ist für Weiß schwierig, die Drohung f6-f5 mit Figurengewinn zu parieren. Weiß sah sich zu 19.g4 gezwungen, aber auch die Alternativen sind nicht besser: 19.Tc1 sieht logisch aus, aber nach 19...Dd7 20.Da4?! (sonst geht b5 einfach verloren) a6! 21.Txc8 (21.Dxa6?? Ta8 -+) Txc8 22.Dxa6 f5 geht der Zentralspringer trotzdem verloren. In der Partie konnte ich mit 19...Dd7 und 20...Tfd8 einfach den Druck gegen die weiße Stellung erhöhen, sodass weißer Materialverlust unvermeidlich war. 1-0 für SFK.

Auch Bernd Rosen hatte nach der Eröffnung bereits eine deutlich bessere Stellung erreicht, in der der Schwarzspieler dem Läuferpaar und dem weißen Bauernsturm am Königsflügel eigentlich nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Leider begann Bernd sich zunehmend zu verzetteln und beging in der Diagrammstellung mit 25.De2? einen Fehler, wonach Schwarz mit 25...Sd5 (25...c4! wäre wohl noch stärker gewesen) das Feld e3 besetzen konnte.

Stattdessen wäre 25.h5! konsequent gewesen und nach dem gefährlich aussehenden 25...Dg4 könnte 26.Kh2 Dh4+ 27.Lh3 folgen, wonach die schwarze Dame wirkungslos ist (Weiß könnte Kg2-Th1 als Plan fassen). Die Partie kippte jedoch nach und nach, wodurch es bald 1-1 stand.

Die verbleibenden Partien von Jan Dette und Thomas Wessendorf machten mir zunächst keine großen Hoffnungen auf einen Mannschaftssieg, da Jan seinen zwischenzeitlich großen Vorteil nicht verwerten konnte und sich genau wie Thomas in einem ausgeglichenen Endspiel befand. Diese Einschätzung meinerseits kippte allerdings schlagartig, als Thomas Gegner in folgender Stellung erst 35.c4?! und nach 35...Kd6 auch noch 36.g4? spielte:

Das Endspiel war zuvor eigentlich ausgeglichen, weil Weiß zwar einen Freibauern hat, Schwarz dafür aber die aktiveren Figuren. Nach 36...Kc5 37.gxf5 gxf5 38.Ke3 Sh5! 39.a3 a5 40.h4 h6 kommt Weiß jedoch in Zugzwang und muss das Feld d4 freigeben: 41.Kf3 Kd4 42.Sf1 Kxc4 43.Se3+ Kb3 44.Sxf5 Kxa3 45.Sxh6 Kb2 und weil Schwarz in Kürze umwandelt, gab Weiß auf. Eine etwas überraschende Führung, 2-1.

Durch diesen Sieg musste Jan nur das Remis halten, allerdings konnte der gegnerische Spieler meines Erachtens noch etliche Gewinnversuche unternehmen:

Nach 58...Sh5 59.Kg2 war ich deshalb umso erstaunter, als Schwarz dankenswerterweise seinen aktiven König zurückbeorderte: 59...Kf5 60.Se3+ Kg6 61.Le5 und nach 61...Sf6 62.Lxf6 Kxf6 ist es für Weiß mit König und Springer leicht, die Stellung zusammenzuhalten. Zugegeben ist es schwierig einen Gewinnplan für Schwarz zu finden, aber ich glaube 58...Tb6 wäre ein guter Versuch gewesen. Damit bereitet Schwarz h7-h5 vor, um dem weißen Springer sukzessiv Felder zu nehmen, z.B.: 59.Se3 Ta6 60.Sg4 h5 61.Se3 Tc6 und Schwarz erzielt Fortschritte. Ein äußerst interessantes Endspiel, dessen unspektakulärer Ausgang den entscheidenden halben Punkt brachte: 2,5-1,5!

Damit liegen wir mit zwei Siegen zwischenzeitlich auf Platz 1 der Tabelle, weil viele andere Mannschaftskämpfe im Unentschieden endeten. Der nächste Gegner wird am 12.02. um 19:30 Uhr der SK Ludwigshafen sein.

SFK II

Auch die zweite Mannschaft konnte in der zweiten Runde einen Sieg feiern, der letzten Endes doch ziemlich deutlich ausfiel.

Friedrich Dicks hatte in der Eröffnung ein vermutlich nicht ganz korrektes Bauernopfer gebracht, erhielt darauffolgend allerdings immer mehr Kompensation dafür. Die Partie schien sich von Zug zu Zug zugunsten von Schwarz zu entwickeln, umso verwunderlicher, wie schnell die Züge an diesem Brett ausgeführt wurden. Weiß hatte sämtliche Figuren im eigenen Lager unkoordiniert postiert: Ein Springer auf d2 ging schnell in einer Fesselung auf der offenen Linie verloren, sodass Friedel einfach eine Figur gewann. Infolgedessen wurden alle anderen Figuren abgetauscht, sodass es recht früh 1-0 stand.

Den zweiten Punkt konnte Lasse Struck mit den schwarzen Figuren beisteuern, nachdem der gegnerische Spieler bereits in der Eröffnung gravierende Fehler gemacht hatte. Nach 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.f3 c5 5.a3?! (Der einzige Hauptzug ist 5.d5) Lxc3+ 6.bxc3 Sc6 7.e3? (7.e4 scheint hier der einzig spielbare Zug zu sein) 0-0 8.Ld3 b6 9.Se2 La6 10.Sg3? Sa5 11.De2 entsteht folgende Stellung:

Lasse spielte hier 11.Tc8, wonach Schwarz klaren Vorteil hat, weil Weiß zu 12.d5 gezwungen wird und nach 12...exd5 13.cxd5 c4! 14.Le4 Lb7?! 15.0-0 Sb3 16.Tb1 Lxd5 gewinnt Schwarz einen Bauern. Die danach resultierende Stellung ist zwar klar besser für Schwarz, allerdings auch etwas schwierig zu verwerten. Lasse gab dazu den Bauern für aktives Figurenspiel zurück und konnte die Partie letzlich dank der Damenflügel-Majorität gewinnen. Nichtsdestotrotz gefällt mir in der Diagrammstellung 11...cxd4 deutlich besser, weil nach 12.cxd4 (12.exd4 verschlimmert die weiße Stellung noch) der schöne Zug 12...Lxc4! möglich ist, wonach die weiße Stellung zusammenfällt, denn 13.Lxc4 wird mit 13...Dc7-+ beantwortet. Weiß wäre hier sofort verloren gewesen, denn der Läufer c4 kann nicht verteidigt werden und nach dessen Wegzug gewinnt 14...Dc3+ eine Qualität.

Trotz dieser 2-0 Führung boten die gegnerischen Spieler an den verbleibenden Brettern beide Remis an. Edwin Otremba und Berthold Humkamp dachten aber gar nicht daran, dieses anzunehmen. Edwin konnte sich nach zwischenzeitlich misslicher Lage immer weiter befreien und mit sämtlichen Figuren und enormen Raumvorteil am Damenflügel großen Druck auf die schwarze Stellung ausüben. Wenig später war die schwarze Verteidigung durchbrochen und als zwei weiße Türme auf der siebten Reihe auftauchten, gab Schwarz auf.

Berthold hatte am zweiten Brett nie wirkliche Probleme mit seiner Stellung gehabt, einzig ein gewinnbringender Vorteil fehlte ihm noch. In der folgenden Stellung hatte er dem Gegner bereits einen Doppelbauern verpasst:

Hier stellte Berthold den Schwarzspieler mit dem Turmschwenk 25.Ta4! vor große Probleme, denn danach werden die schwarzen Schwächen am Damenflügel deutlich. Es folgte 25...c6 26.Ta6 Te6?, wonach der entscheidende Bauer a7 verloren geht und nach dem Tausch eines Turmpaars war die Stellung für Berthold dank des a-Freibauern leicht zu gewinnen. Aber auch wenn sich Schwarz an den Bauern a7 mit 26...Tc7 klammert, ist die weiße Stellung gewonnen: 27.Tg4! bringt den nächsten Turm auf den Damenflügel, während Schwarz nur zusehen kann, z.B.: 27...Tee7 28.Tga4 Se6 29.T6a5 h5 30.Sf4+-

Somit gewinnt die zweite Mannschaft locker mit 4:0 und hat nun in der Tabelle zwei Zähler auf dem Konto. Der nächste Gegner wird am 09.02. um 19:30 Uhr der TuS Wunstorf I sein.

Zurück

Die schlimmsten Fehler werden gemacht in der Absicht, einen begangenen Fehler wieder gut zu machen.

Jean Paul

Aus der Schachwelt