Teuflischer Auftakt

Geschrieben am 27.12.2023 von Lukas Schimnatkowski

Erster Tag der DVM

Nach der verhältnismäßig entspannten Anreise stand heute der erste Turniertag an, der einigen unserer Protagonisten direkt eine kalte Dusche verpasste. Es stellte sich zunächst heraus, dass das Spiellokal der U20 wahrlich eine Besonderheit bereithält: Die Johanniskirche ist wohl eine zu einem Veranstaltungsort umfunktionierte ehemalige Kirche, in der nun das schachliche Geschehen der beiden ältesten Altersklassen untergebracht wurde. Der Verlockung, die Partie angesichts des eindrucksvollen Ambientes mit den Worten "So wahr mir Gott helfe" zu beginnen, konnten die Spieler jedoch glücklicherweise widerstehen, wobei sich dabei ja auch "nur" die Schachgöttin angesprochen gefühlt hätte. Stattdessen machte es auf den unbeteiligten Zuschauer eher den Eindruck, als hätte Satan persönlich seine Finger im Spiel gehabt.

Runde 1

In der ersten Runde ging für unsere U20 einiges schief. Lasse überzeugte von Anfang an mit einer strategisch sachgemäßen Behandlung seiner Dubov-Variante im Katalanen, doch anstatt eine Mehrfigur sauber zu gewinnen, gab er zwei Bauern dafür ab und musste sich danach in einem technisch anspruchsvollen Endspiel mit der gegnerischen Gegenwehr herumärgern, sodass diese Partie im Remis endete. Noel wurde in der Eröffnung überrascht, Jonas behandelte eine anfänglich gute Stellung falsch und Lukas R ließ sich von einem möglichen Bauerngewinn so sehr locken, dass er andere Stellungsmerkmale vernachlässigte. An diesen drei Brettern konnte auch all guter Glauben der drei Trainer nichts mehr an den schicksalhaften Niederlagen ändern. Erwin konnte nach einem Bauernverlust zwar noch bemerkenswerten Widerstand leisten, aber auch ein Bauernrückgewinn mittels Damenopfer konnte den vierten Partieverlust nicht vereiteln. Einiziger Lichtblick in diesem düsteren Schaubild war Sam, der in einer nahezu perfekten Partie seinen 500-DWZ-Punkte stärkeren Gegner völlig überspielte. Die Partie wurde mit einem hübschen Matt beendet:

Sams Partie

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Auch unsere hoffnungsvolle U16-Mannschaft startete unglücklich ins Turnier. In der ersten Runde konnten wir unserer Favoritenrolle nicht gerecht werden und mussten uns gegen Dresden mit einem 2:2 zufriedengeben. Nach gewohnt überzeugendem Vortrag von Mykola, der seine Partie mit 75 Minuten gegen 1 verbleibende Minute auf der gegnerischen Uhr beendete, brachten nur Collin und Lukas noch jeweils ein Remis zustande, während Nils in einer wilden Partie im Endspiel das Nachsehen hatte. Die Enttäuschung war bei allen groß, bis das Auslosungsprogramm die nächste Hiobsbotschaft bereithielt.

Runde 2

In der Nachmittagsrunde wurde unserer U16 ein echter Brocken zugelost. Wie sich herausstellte, hatte der Setzlistenerste (Kiel) in der ersten Runde sogar verloren. Unsere U16 wurde also runtergelost und sah sich dennoch mit dem nominell stärksten Team des Turniers konfrontiert. Ausgerechnet in diesem entscheidenden Mannschaftskampf war die Vorbereitungszeit nicht ausreichend, um ernsthaft die gegnerischen Repertoires zu prüfen, sodass Bernd sowohl Spieler als auch die Jungtrainer zur Vorsicht mahnen musste, sich nicht noch in den letzten Minuten mit neuen Eröffnungsversuchen selbst in die Variantenhölle zu katapultieren. Obwohl Mykola am ersten Brett gegen einen stärkeren Gegner mit Schwarz ein kleines Wunder vollbrachte, als er eine völlig verloren geglaubte Stellung mit großer Mühe doch noch ins Remis rettete. An den restlichen drei Brettern musste das zunächst teiloptimistische Publikum miterleben, wie verheißungsvolle Stellungen sukzessive ins Verderben getrieben wurden, was alle Beteiligten mutmaßlich gleichermaßen belastete. Daniel stellte einen Turm in einer Bauerngabel ein, Collin verpasste den richtigen Zeitpunkt für ein starkes Qualitätsopfer und Nils landete durch schlechten Abtausch zunächst in einem ausgeglichenen Endspiel, das sich nach der Zeitkontrolle nochmals erheblich verschlechterte. Somit steht am Ende eine für den Kampfverlauf nicht repräsentative 0,5 : 3,5 Niederlage.

Wenn man nur die erzielten Brettpunkte betrachtet, lief es bei der U20 in der Nachmittagsrunde besser, allerdings konnten wir uns hier nur um einen wenig motivationssteigernden halben Brettpunkt verbessern. Noel und Lasse vollbrachten es dieses Mal, eine äußerst bedenkliche Stellung zum Partiegewinn zu führen. Beide steckten angstlos gegnerische Bauern ein, nicht ohne dabei erhebliche Mattgefahr zuzulassen. Da Noel dachte, seine Partie würde entscheidend zum Mannschaftsergebnis beitragen, riskierte er alles und wurde dafür belohnt. An den anderen Bretter konnten wir uns leider nicht so glimpflich aus der Affäre ziehen: Jonas verlor völlig den Faden und ließ nach einigen Fehlentscheidungen sogar ein Matt zu. Lukas R ließ sich von den schnellen gegnerischen Zügen zum Mitblitzen verleiten und fand sich kurz darauf in einer schrecklichen Stellung wieder, die nicht mehr zu halten war. Da half auch das optische Überraschungsmoment nichts, das aufgrund der Kopfbedeckung klar auf Lukas Seite war.

Sam leistete in einer schwierigen Stellung lange Zeit Widerstand, musste sich aber seinem stark aufspielenden Gegner geschlagen geben, als er im Endspiel zu viele Bauern verloren hatte. Man kann halt nur eine überragende Partie am Tag spielen. Maksim stellte in seiner ersten Partie bei eigentlich guten Angriffschancen einen Läufer auf fatale Weise ein. Dadurch versandete sein Angriff auf den gegnerischen König augenblicklich und auch aller Kampfeswille konnte nachfolgend nichts mehr ausrichten, Endergebnis 2:4.

Morgen treffen wir dann mit der U20 auf Hemer, wo uns schon per definitionem ein Duell auf Augenhöhe erwartet, denn beide Teams haben bisher insgesamt 3,5 Brettpunkte gesammelt und sollten dementsprechend etwa in Reichweite des jeweils anderen sein. Etwas Erfreuliches gibt es aber dennoch am Ende des Tages zu berichten. Auch, wenn wir heute schachlich nicht ganz erfolgreich waren, haben wir uns kulinarisch weitergebildet und wissen jetzt alle, wie Pappardelle-Nudeln aussehen.

Gestern schrieb ich noch, dass wir von Magdeburg noch nicht viel gesehen haben. Das hat sich inzwischen natürlich geändert - Bernd hat einige Aufnahmen vom Kloster Unser Lieben Frauen mitsamt dem angrenzenden Skulpturenpark geschossen, so dass die nachfolgende Bildergalerie auch den eher touristisch Interessierten unter unseren Besucher:innen etwas zu bieten hat.

Bis morgen!

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